Das Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz ArG, SR 822.11) vom 13. März 1964, das ein Teil des öffentlichen Rechts ist, regelt zwei Hauptbereiche:
- die Arbeits- und Ruhezeit und
- den Gesundheitsschutz, die Unfallverhütung und den Sonderschutz für jugendliche Arbeitnehmende, schwangere Frauen und stillende Mütter.
Grundsatz
Grundsätzlich ist das Arbeitsgesetz auf alle privaten und öffentlichen Betriebe anwendbar und es gilt für alle dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Allerdings gibt es einige Ausnahmen, die einerseits mit den Betrieben und andererseits mit den Beschäftigten zusammenhängen.
Der Betriebsbegriff ist sehr breit gefasst, um so alle denkbaren Situationen abzudecken und dadurch möglichst viele Personen zu schützen. Ein Betrieb im Sinne des Gesetzes liegt vor, wenn ein Arbeitgeber dauernd oder vorübergehend einen oder mehrere Arbeitnehmer/innen beschäftigt, unabhängig davon, ob bestimmte Einrichtungen oder Anlagen vorhanden sind (Art. 1 Abs. 1 und 2 ArG).
Der Begriff des Arbeitnehmers ist in der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (Art. 1 ArGV 1) breiter gefasst als im Obligationenrecht. Er bezeichnet jede Person, die in einem unter das Gesetz fallenden Betrieb dauernd oder vorübergehend während der ganzen Arbeitszeit oder eines Teils davon beschäftigt wird. Ob ein Arbeitsvertrag im formellen Sinne vorhanden ist oder ob ein Lohn ausbezahlt wird, ist dabei nicht entscheidend.
Eine Person kann also auch auf der Grundlage eines Werkvertrags, eines Auftrags oder eines anderen gemischten oder nicht ausdrücklich geregelten Vertrags (Innominatvertrag) als Arbeitnehmer/in tätig sein.
Das Gesetz sieht jedoch Ausnahmen vor, so dass der Schutz, den das Arbeitsgesetz bietet, nicht für alle Arbeitsverhältnisse gilt. Gewisse Arbeitnehmende sind vollständig davon ausgeschlossen, andere teilweise in dem Sinne, dass bestimmte Gesetzesbestimmungen nur für spezifische Gruppen gelten. Dazu gehören etwa die Arbeits- und Ruhezeit und/oder der Gesundheitsschutz oder das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung.
Ausnahmen
1) Die folgenden Betriebe und Personen sind weder den Bestimmungen zum Gesundheitsschutz noch jenen betreffend der Arbeits- und Ruhezeit unterstellt:
- Familienbetriebe;
- Betriebe, die der Bundesgesetzgebung über die Arbeit in Unternehmen des öffentlichen Verkehrs unterstehen;
- Betriebe, die der Bundesgesetzgebung über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge unterstehen;
- Personen geistlichen Standes und andere Personen, die im Dienste von Kirchen stehen, sowie Angehörige von Ordens- und Mutterhäusern oder anderer religiöser Gemeinschaften;
- das in der Schweiz wohnhafte Personal öffentlicher Verwaltungen ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen;
- die Besatzungen von schweizerischen Flugbetriebsunternehmen;
- Handelsreisende im Sinne der Bundesgesetzgebung;
- Arbeitnehmer, die dem Abkommen vom 21. Mai 1954 über die Arbeitsbedingungen der Rheinschiffer unterstehen.
2) Die folgenden Betriebe und Personen sind nur den Bestimmungen zum Gesundheitsschutz unterstellt:
- Verwaltungen des Bundes, der Kantone und Gemeinden, öffentlich-rechtliche Anstalten ohne Rechtspersönlichkeit sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts, sofern die Mehrzahl der in ihnen beschäftigten Arbeitnehmer/innen in einem öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen, mit Ausnahme der Betriebe des Bundes, der Kantone und der Gemeinden, auf die das ArG ganz anwendbar ist.
- Arbeitnehmer/innen, die eine höhere leitende Tätigkeit ausüben: Das Kriterium lautet, dass eine betroffene Person einen nachhaltigen Einfluss auf die Struktur, den Geschäftsgang und die Entwicklung eines Betriebes oder eines Betriebsteils nehmen kann und über entsprechende weitreichende Entscheidungsbefugnis verfügt oder Entscheide von grosser Tragweite massgeblich beeinflussen kann (Art. 9 ArGV 1).
- Arbeitnehmer/innen, die eine wissenschaftliche Tätigkeit ausüben: Unter wissenschaftlicher Tätigkeit versteht man die Forschung (Grundlagenforschung und angewandte Forschung, jedoch nicht deren Entwicklung und Produktion) und die Lehre. Dabei muss dem bzw. der Arbeitnehmer/in in Bezug auf die Zielsetzung der Arbeit, deren Ausführung und Einteilung eine grosse Freiheit zukommen (Art. 10 Abs. 1 und 2 ArGV 1). Hingegen sind die nachfolgend aufgeführten Bestimmungen zum Mutterschaftsschutz anwendbar auf das technische und administrative Personal in der Forschung (Art. 10 Abs. 3 ArGV 1).
- Arbeitnehmer/innen, die eine selbständige künstlerische Tätigkeit ausüben.
- Lehrer/innen an Privatschulen und Lehrer/innen, Erzieher/innen, Fürsorger/innen und Aufseher/innen in Anstalten. Letztere unterstehen einem Normalarbeitsvertrag des Bundes (vom 16. Januar 1985, SR 221.215.324.1), der einen bezahlten Mutterschaftsurlaub von 16 Wochen vorsieht, jedoch keine weiteren Bestimmungen bezüglich der Nachtarbeit enthält.
Die Bestimmungen zum Gesundheitsschutz sind in den folgenden Artikeln geregelt:
- Art. 6 ArG zum Gesundheitsschutz im Allgemeinen sowie alle Bestimmungen der ArGV 3.
- Art. 35 ArG, präzisiert in Art. 60 bis 65 ArGV 1, zum Schutz von schwangeren Frauen und stillenden Müttern – Schutz während Schwangerschaft und Stillzeit (Art. 35 Abs. 1 ArG), Beschäftigung von schwangeren Frauen und stillenden Müttern (Art. 35 Abs. 2 ArG), Verbot beschwerlicher und gefährlicher Arbeiten (Art. 35 Abs. 3 ArG).
- Art. 36a ArG und Art. 66 ArGV 1 zum Verbot gewisser beschwerlicher und gefährlicher Arbeiten.
Aber Vorsicht: Art. 35a und 35b ArG bezüglich der Beschäftigung und Abwesenheiten bei Schwangerschaft und Stillzeit, Nachtarbeit und Rücksicht auf Familienpflichten gemäss Art. 36a ArG sind nicht in die Bestimmungen zum Gesundheitsschutz aufgenommen, die in Art. 3a ArG erwähnt sind. Daraus folgt, dass diese Bestimmungen auf öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse nicht anwendbar sind. Bei Verwaltungen des Bundes, der Kantone und Gemeinden muss man sich daher auf die Vorschriften der Bundes-, Kantons- und Gemeindegesetze beziehen (Beamtenstatut oder Personalregelungen), die grundsätzlich weit grosszügiger sind als das Arbeitsgesetz.
3) Die folgenden Betriebe müssen die Bestimmungen des ArG bezüglich des Mindestalters für die Zulassung zur Beschäftigung anwenden:
- Betriebe der landwirtschaftlichen Urproduktion, mit Einschluss von Nebenbetrieben, in denen überwiegend die Erzeugnisse des Hauptbetriebes verarbeitet oder verwertet werden, sowie örtliche Milchsammelstellen und die damit verbundenen Milchverarbeitungsbetriebe;
- Betriebe mit überwiegend gärtnerischer Produktion (einzelne Bestimmungen des Gesetzes können durch Verordnung auf diese Betriebe anwendbar erklärt werden, soweit dies zum Schutze der Lehrlinge erforderlich ist);
- Fischereibetriebe;
- private Haushaltungen.
Sonderschutzbestimmungen für Frauen bei Schwangerschaft, Niederkunft und während der Stillzeit sowie von Müttern von Kleinkindern gemäss Arbeitsgesetz
Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber, die Gesundheit von schwangeren Frauen und stillenden Müttern zu schützen (Art. 35 ArG).
Dabei muss er:
- schwangere Frauen und stillende Mütter so beschäftigen und ihre Arbeitsbedingungen so gestalten, dass ihre Gesundheit und die Gesundheit des Kindes nicht beeinträchtigt werden;
- ihre Arbeitsbedingungen dementsprechend gestalten und dabei die besonderen Bestimmungen bezüglich Abwesenheiten, Arbeitszeiten, Überzeitarbeit, Nachtarbeit und Familienpflichten einhalten (Art. 35, 35a, 35b, 36 ArG, Art. 60 bis 66 ArGV 1).