Besondere Situationen – Diskriminierung am Arbeitsplatz – Klagemöglichkeiten

Die Klagemöglichkeiten, die sich aus dem Gesetz ergeben, können von Männern und von Frauen ergriffen werden und gelten sowohl für privat- wie auch für öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse. Ein Ausnahme dazu bilden Unterlassungs- und Beseitigungsklagen: Besteht die Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung oder in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses, dann können diese Klagemöglichkeiten nicht zur Anwendung gebracht werden. Bei privatrechtlich geregelten Arbeitsverhältnissen wollte der Gesetzgeber denn auch die Freiheit, einen Vertrag abzuschliessen oder aufzulösen, stärker betonen.

Arbeitnehmer/innen, die von einer Diskriminierung betroffen sind oder denen eine solche droht, können beim Gericht (oder der Administrativbehörde, falls es sich um einen öffentlich-rechtlichen Arbeitsvertrag handelt) eine Klage einreichen, mit dem Ziel (Art. 5 Abs. 1 GlG):

Mit der Unterlassungs- bzw. Beseitigungsklage soll bei einer Diskriminierung erreicht werden, dass das Gericht dem Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten vorschreibt.

Jede der ersten drei Klagemöglichkeiten betrifft einen unterschiedlichen Zeitpunkt, in dem die Diskriminierung erfolgt ist (unmittelbar bevorstehende, momentan bestehende oder erfolgte Diskriminierung). Die vierte ermöglicht dem Gericht, die Bezahlung jenes Teils des Lohnes anzuordnen, der vom Arbeitgeber aus diskriminierenden Gründen unrechtmässig zurückbehalten worden ist.
Es ist wichtig, präzise zu identifizieren, welcher Diskriminierung eine Person ausgesetzt ist, bevor eine entsprechende Klage eingereicht wird. Die Art des Verfahrens hängt zudem da¬von ab, ob es sich um ein privat- oder öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis handelt.

Verjährung

Die Verjährungsfrist für Forderungen für periodische Leistungen beträgt 5 Jahre (Art. 128 OR). Die Laufzeit der Verjährungsfrist beginnt mit der Fälligkeit der Forderung. Somit kann die Forderung sogar während der Dauer des Arbeitsverhältnisses verjähren. Die Verjährungsfrist für Lohnforderungen im öffentlichen Recht ist analog.

Befugnis des Gerichts

Nach Abschluss des Verfahrens ordnet das Gericht angemessene und verhältnismässige Massnahmen an. Dabei gewichtet es die Bedeutung der Verfehlungen. Bei leichten Verfehlungen mag es genügen, wenn es den Arbeitgeber durch eine richterliche Verfügung verpflichtet, den für die sexuelle Belästigung Verantwortlichen zu verwarnen und bestimmte präventive Massnahmen zu ergreifen (z.B. durch die Schaffung einer Stelle, die Klagen entgegennimmt und untersucht). Es kann weniger restriktive Massnahmen anordnen als die vom Kläger verlangten, falls diese Massnahmen als ausreichend erscheinen, um die Diskriminierung zu verhindern oder zu unterbinden. In schwerwiegenderen Fällen kann das Gericht vom Arbeitgeber verlangen, dass er den für die sexuelle Belästigung Verantwortlichen von seinem bisherigen Arbeitsplatz entfernt, was zu einer Entlassung des Fehlbaren führen könnte.

Das Gericht kann den Arbeitgeber dazu verurteilen, Drittpersonen (Arbeitskollegen, Kunden, Lieferanten) zu einem respektvollen Verhalten dem Opfer gegenüber zu verpflichten, besonders dann, wenn ein Untergebenenverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Fehlbaren besteht. Auch ohne Untergebenenverhältnis darf vom Arbeitgeber erwartet werden, dass er seine Pflicht zum Persönlichkeitsschutz seiner Angestellten wahrnimmt und seine Kunden oder Lieferanten auffordert, ein Minimum an Rücksichtnahme gegenüber seinen Angestellten zu wahren.

a. Unterlassungsklage bei Diskriminierung

Die Unterlassungsklage bei Diskriminierung bezweckt die Verhinderung einer drohenden Diskriminierung.

Beispiele :

Die Betroffene kann bei Gericht eine Unterlassungsklage wegen drohender Diskriminierung einreichen. Dies um :

Diese Klagemöglichkeit ist von begrenzter praktischer Tragweite; denn die Rechtsprechung funktioniert träge und langsam. Oft ist es klüger, nach einer erfolgten Diskriminierung auf Beseitigung derselben oder auf ihre Feststellung oder Schadenersatz zu klagen.

Wenn die Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung oder in der Kündigung besteht, so ist eine Unterlassungsklage bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen zudem ausgeschlossen (Art. 5 Abs. 2 GlG).

b. Beseitigungsklage

Die Beseitigungsklage ist in jenen Fällen angezeigt, in denen die Diskriminierung bereits stattgefunden hat und noch immer andauert.

Beispiele :

Hier ist dem Gericht zu beantragen, es sei(en):

c. Klage auf Feststellung der Diskriminierung

Die Feststellungsklage bezweckt, die Diskriminierung zu ahnden, wenn das diskriminierende Verhalten zwar der Vergangenheit angehört, die Auswirkungen jedoch noch immer spürbar sind. Manchmal kann die Feststellung der Diskriminierung genügen, um der betroffenen Person Genugtuung zu verschaffen (BGE 131 II 361). Diese Klage ist subsidiär zu einer Unterlassungs- und Beseitigungsklage. Wenn sie zugelassen wird, öffnet sie den Weg für eine Schadenersatzklage:

Beispiele :

In diesem Fall kann das Opfer die bestehende Diskriminierung durch das Gericht feststellen lassen.

Beispiele :

d. Klage auf Zahlung des geschuldeten Lohnes

Die Klage auf Zahlung des geschuldeten Lohnes erlaubt der von der Diskriminierung betroffenen Arbeitnehmerin, den unrechtmässig vom Arbeitgeber zurückbehaltenen Lohn einzufordern. Diese Klage erfolgt normalerweise gemeinsam mit einer der drei andern Klagen. Die Bezahlung einer Entschädigung und eines Schadenersatzes ist zusätzlich zum geschuldeten Lohn einklagbar.

Kombiniert mit Klage auf Beseitigung der Diskriminierung − 5-jährige Verjährungsfrist

Die Arbeitnehmerin kann als Opfer einer Lohndiskriminierung einerseits die Beseitigung der Diskriminierung verlangen und anderseits die Nachzahlung des geschuldeten Lohnes, rückwirkend auf fünf Jahre vor der Klage.

Entschädigungen bei Verweigerung der Anstellung oder Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäss Obligationenrecht

Die Festlegung der Entschädigung erfolgt unter Würdigung sämtlicher Umstände und wird auf der Grundlage des voraussichtlichen oder tatsächlichen Lohnes der diskriminierten Person errechnet (Art. 5 Abs. 2 GlG). Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses beläuft sich auf maximal sechs Monatslöhne, jene für Ablehnung einer Anstellung auf maximal drei Monatslöhne. Wenn mehrere Personen einen Anspruch wegen diskriminierender Ablehnung derselben Anstellung geltend machen, darf die Gesamtsumme einer Entschädigung den Betrag von drei Monatslöhnen nicht übersteigen (Art. 5 Abs. 4 GlG).

Die Entschädigung gilt weder als Schadenersatz noch als Genugtuung (Art. 5 Abs. 5 GlG). Ihre Funktion ist strafend und wiedergutmachend. Sie wird deshalb unabhängig von einer allfälligen Schadenersatzforderung oder Genugtuung bezahlt und errechnet (zur Erinnerung: Wer einen Schadenersatz oder eine Genugtuung erhalten will, muss den erlittenen Schaden oder Nachteil beweisen).

Auch ohne böse Absichten des Arbeitgebers: das bedeutet: Das Gericht kann die Auszahlung einer Entschädigung sogar dann anordnen, wenn kein Schaden und kein Nachteil entstanden ist und der Arbeitgeber keine Diskriminierung beabsichtigt hatte.